Leda-Jümme-Verband in Leer
An der Niedersächsischen Küste sind 27 Deichverbände – auch Deichachten oder Deichbände genannt – als Körperschaften des öffentlichen Rechts tätig.
Für die Deichverbände gilt das Recht der Wasser- und Bodenverbände (Wasserverbandsgesetz) und das Niedersächsische Deichgesetz.
Die Verbandsgebiete sind im Niedersächsischen Deichgesetz festgelegt. Sie umfassen die so genannten geschützten Gebiete, die von der oberen Deichbehörde durch Verordnung nach der Höhe des maßgebenden Sturmflutwasserstandes im Einzelnen abgegrenzt sind. Alle Bewohner dieser Gebiete, die Grundeigentum haben, sind zur gemeinschaftlichen Deicherhaltung verpflichtet. Die Deichverbände erheben zur Deckung der Kosten für die Deicherhaltung von den Verbandsmitgliedern (Deichpflichtigen) Beiträge.
Die Aufgabe der Deichverbände ist, das Verbandsgebiet vor Sturmfluten zu schützen. Insbesondere müssen die Deichverbände die erforderlichen Deichbauten einschließlich der dazugehörigen Anlagen wie z.B. Deckwerke, Buhnen und andere Schutzwerke errichten sowie diese in ihrem Bestand und in den vorgeschriebenen Abmessungen erhalten.
Sie haben die erforderlichen Unterhaltungsarbeiten an den Deichen und Verbandsanlagen durchzuführen und die Deichsicherheit der Schleusen, Siele, Schöpfwerke und anderer Bauwerke, die in der Unterhaltungslast andererstehen, zu überwachen.
Sie haben Vorsorge für die Deichverteidigung zu treffen. Für die Überwachung und Verteidigung der Deiche bei Sturmfluten erarbeiten sie die Deichverteidigungspläne. Die erforderlichen Abmessungen der Deiche – das so genannte Bestick – werden von der oberen Deichbehörde festgelegt. Die Höhe der Deiche wird nach dem höchsten zu erwartenden Tidehochwasser (maßgebender Sturmflutwasserstand) zuzüglich dem örtlich zu erwartenden Wellenauflauf bestimmt. Verliert die Deichhöhe mehr als 20 cm von dem vorgeschriebenen Maß, so muss die betroffene Deichstrecke entsprechend erhöht und verstärkt werden. Beschädigte Deiche sind unverzüglich instand zu setzen.
Die Aufsicht der Deichverbände führen die unteren und oberen Deichbehörden: Sie haben sicher zu stellen, dass die Verbände die gesetzlich übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen. Das geschieht besonders durch je eine Frühjahrs- und Herbstdeichschau in den einzelnen Verbandsgebieten. Dabei wird der Unterhaltungszustand der Deiche von den Deichbehörden durch eine Begehung überprüft. Sofern der Verbandsdeich den gestellten Anforderungen entspricht, wird er von der unteren Deichbehörde für „schaufrei” erklärt. Andernfalls müssen festgestellte Mängel umgehend beseitigt und die Nacharbeiten durch eine besondere Nachschau abgenommen werden.
Eine dieser 27 Deichverbände ist der Leda-Jümme-Verband in Leer. Er entstand durch die Verschmelzung der ehemaligen Leda-Deichacht, Jümme-Deichacht undJümminger-Hammrich-Deichacht.
Der Leda-Jümme-Verband unterhält rund 250 Kilometer Deiche entlang der tidebeeinflussten Gewässer Leda, Jümme, Dreyschlooot, Hauptfehnkanal, Sagter-Ems, Barßeler Tief, Soeste, Godensholter Tief, Aper Tief, Norder-, Süder- und Ollenbäke sowie die dazugehörenden Hochwasserschutzanlagen.
Das zu schützende Leda-Jümme- Gebiet erstreckt sich über ein ehemaliges Urstromtal von der Ems her in einer Länge von etwa 35 km und einer Breite von 25 km über die Landkreise Leer, Ammerland, Cloppenburg und Emsland. Das gesamte Niederschlagsgebiet ist rund 210.000 Hektar groß.
Davon umfasst der Leda-Jümme-Verband mit rund 50.000 Hektar das Gebiet unterhalb der Höhenlinie NN +5,00 Meter, Die über dieser Linie hinausgehenden Flächen steigen nach Norden und Nordosten bis NN +20 Meter und im Südteil bis NN +55 Meter an. Das aus diesen hoch liegenden Flächen nach Niederschlägen in das tiefer gelegene Gebiet strömende Wasser brachte in der Vergangenheit die jährlich wiederkehrenden Überschwemmungen.
Die in offener Verbindung mit der Ems stehende Leda ist mit ihren Zuflüssen noch weit landeinwärts dem Tidenwechsel unterworfen. Der mittlere Tidenhub beträgt beim Leda-Sperrwerk rund 2,90 m und am Dreyschloot, einer Querverbindung zwischen Leda und Jümme im Raum Barge/Roggenberg, noch rund 0,6 m.
Das etwa 300.000 Hektar große Niederungsbecken mit Höhenlagen zwischen NN -0,5 m und NN +3,0 m unterliegt also deutlich dem Einfluß der Nordsee.
Vor der Bedeichung der Wasserläufe und später noch bis zum Bau des Leda-Sperrwerkes brachten Sturmfluten großflächige Überschwemmungen.
Bis in die letzten Jahrzehnte hinein war das Land im Winter regelmäßig, oft auch im Sommer, bei Sturmfluten überschwemmt, denn Leda und Jümme waren nur bis zur Linie Potshausen – Stickhausen bedeicht. Gegen Niederschlagswasser, das in breiter Front von oben her zuströmte, schützte der Landwehrdeich, dessen Reste noch jetzt die Deiche des Hammrichs von Leda und Jümme verbinden. Weiter oberhalb der beiden Flüsse boten nur niedrige Wälle einen völlig unzureichenden Schutz.
Allmählich wuchsen die Ansprüche der Landwirtschaft in den Niederungen im härter werdenden Wettbewerb zu den weniger von Natur aus benachteiligten Gebieten.
Nur ein allgemeiner, das ganze Gebiet erfassender Hochwasserschutz konnte helfen. Entsprechende Bestrebungen führten mehrfach schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu Maßnahmen, die bereits einzelne örtliche Verbesserungen des Hochwasserschutzes brachten.
Planmäßig begann man 1935 mit der wintersturmflutfreien Bedeichung an der Leda. Die Arbeiten wurden jedoch wieder eingestellt, weil der nicht tragfähige moorige Untergrund Schwierigkeiten brachte.
In einem Modellversuch prüfte die Versuchsanstalt für Wasser-, Erd- und Schiffbau in Berlin den Bau eines Sperrwerkes in der Leda gegen das Eindringen der Sturmfluten. Die Arbeiten kamen wegen des Krieges zum Erliegen. Die Entwurfsarbeiten und die Vorarbeiten zur Gründung des Verbandes wurden jedoch weiter betrieben.
Am 28.2.1948 wurde der Leda-Jümme-Verband gegründet und damit ein planmäßiger, bis in die Gegenwart ausdauernder, Ausbau des Hochwasserschutzes nach dem Generalplan des Leda-Jümme-Verbandes begonnen.
Das Leda-Sperrwerk konnte am 29.7.1954 seiner Bestimmung übergeben und bereits bei der Sturmflut im Dezember 1954 eingesetzt werden und das Leda-Jümme-Gebiet vor verheerenden Schäden bewahren.
Um zugleich mit dem Sperrwerk als Schutz gegen das Eindringen von Sturmfluten auch den Überschwemmungen durch Oberwasser, dass aus dem Ausbau der Entwässerungsanlagen im Obergebiet immer stärker und schneller in das Untergebiet abfloss, begegnen zu können, bemühte sich der Verband von Anfang an, neben den Flüssen und Deichen als wichtige Bestandteile des Hochwasserschutzes die Stauräume für das Oberwasser auszubauen.
Unter diesen nimmt der Entlastungspolder am Leda-Sperrwerk bei Leer mit einer Größe von rund 135 Hektar und einem Stauraum von rd. 3,2 Millionen m³ die erste Stelle ein.
Wirksame Rückhaltebecken sind auch das Langholter Meer mit rund 1,2 Mio. m³, Selverde mit rund 0,55 Mio. m3 und Aperfeld mit rund 0,46 Mio. m³ Aufnahmekapazität. Ebenfalls ist die Hochwasserrückhaltung für das Obergebiet in der Thülsfelder Talsperre und im Zwi-schenahner Meer zu erwähnen.
Weitere acht Überlaufpolder im Obergebiet sorgen mit einem Fassungsvermögen von rund 2,24 Mio. m³ für eine Entlastung im Hochwasserfall.
Die bestehenden Entlastungspolder und Rückhaltebecken bieten zwar schon erhebliche Speicherräume, doch darf nicht verkannt werden, dass der Hochwasserschutz noch nicht voll erreicht ist. Der Ausbau der geplanten Polder und Rückhaltebecken und die Verstärkung längerer Strecken der Hochwasserschutzdeiche oberhalb des Sperrwerkes muss weitergeführt werden, um für die hinter den Deichen lebenden Menschen mit ihren Wohnhäusern und Flächen die höchst mögliche Sicherheit zu gewähren.
(Quelle: Leda-Jümme-Verband)